Bautzen, 7. Mai 2019 (geno). Anhand von brandaktuellen Fällen ist nachweisbar, dass eine dritte Enteignung an den Enkeln und Urenkeln der zwangskollektivierten DDR-Genossenschaftsbauern vonstatten geht. Das erklärt der Jurist, Philosoph und Rechtsanwalt Winfried Schachten in einer Mitteilung des Verbandes der Privaten Landwirte und Grundeigentümer Sachsens. Auf diese Weise werde der seit 1990 andauernde Skandal um die Vermögensauseinandersetzungen beim Strukturwandel der in der DDR gegründeten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) fortgesetzt. Schachten erläutert Einzelheiten, wie das an den Großvätern begangene Unrecht auf die Enkelgenerationen übetragen wird. Das geschehe dadurch, dass die LPG-Nachfolgebetriebe ihre Mitglieder regelmäßig in der Form an der Nase herumführen, indem sie die Geschäftsguthaben der ausscheidenden Genossenschaftsmitglieder mit den eingebrachten Einlagen gleichsetzen. Das stelle eine völlig sittenwidrige Täuschung dar. Schachten, der schon 1.000 Prozesse für ehemalige LPG-Mitglieder und deren Erben geführt hat, sieht seine Lebensaufgabe im Kampf gegen die sogenannten Roten Barone.
Allein im Freistaat Sachsen sind 80 Prozent der 30.000 Ex-Genossenschaftsbauern weit unter Wert ausbezahlt worden. Der Trick bestand darin, die Eröffnungsbilanzen der umgewandelten Landwirtschaftsbetriebe kleinzurechnen. So blieb für LPG-Mitglieder, die ausschieden oder hinausgedrängt wurden, wenig. Sie erhielten kleine Abfindungen für ihr eingebrachtes Inventar an Maschinen, Vieh und geleisteter Arbeit.
Als zusätzlicher juristischer Schwindel bei der Umwandlung sozialistischer in bürgerliche Genossenschaften im Agrarsektor erweist sich bis heute deren mangelnde oder völlig fehlende Rechtmäßigkeit. Allein in Sachsen sind von 363 ausgewerteten Fällen die Umgründungen von 50 Genossenschaftsunternehmen rechtlich in Gänze unwirksam. Ein Beispiel ist die ostsächsische Budissa Agrarproduktion AG mit Sitz in Niederkaina. Sie entstand 1992 aus der Vermögensfusion der fünf ehemaligen LPG Baruth, Burk, Kleinbautzen, Kubschütz und Niederkaina. Dazu urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) im November 1999, dass die Budissa AG unrechtmäßig zustande kam, weil es keine Gründungsversammlung der damals 1.400 Mitglieder aus den Gründer-LPG gegeben hatte.
Auf solche Art sind im Übrigen über 90 Prozent der seinerzeit insgesamt 4.000 ostdeutschen Agrargenossenschaften mit Mängeln behaftet. Davon sind letztlich 850.000 Genossenschaftsbauern betroffen gewesen. ++ (ln/mgn/07.05.19 – 088)
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