Frankfurt am Main/Berlin, 30. Januar 2019 (geno). „Überlastung-Resignation-Entfremdung“ ist der Titel eines Dokuments über Ergebnisse einer Beschäftigtenbefragung in Genossenschaftsbanken.
Aber auch die hier nicht thematisierte, latente Angst vor dem Arbeitplatzverlust, spielt laut genoleaks eine gewaltige Rolle. Hintergrund sind die von der Verbandsseite forcierten Druckfusionen.
Die von der Gewerkschaft ver.di beim Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Auftrag gegebene und nun vor Beginn von Tarifverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (AVR) in Frankfurt am Main vorgestellte Untersuchung hat es in sich.
Die Autoren Martin Ehrlich und Ingo Singe befragten rund 2.000 Mitarbeiter von Genossenschaftsbanken (1.808) online, darunter auch einige Nicht-Gewerkschaftsmitglieder (160). Am stärksten beteiligten sich Mitabeiter in Nordrhein-Westfalen (21 Prozent), Bayern (19 Prozent) und Niedersachsen/Bremen (17 Prozent). Aus Ostdeutschland gab es nur spärliche Reaktionen (vier Prozent).
Die Resultate sind frappierend. „Die Ergebnisse belegen, dass die genossenschaftlichen Werte gegenüber den eigenen Beschäftigten stark unter Druck geraten sind“. So formulieren es Christoph Meister, Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, Jan Duscheck, Leiter der Bundesfachabteilung Bankgewerbe, und Franziska Bruder aus der Bundesfachabteilung Finanzdienstleistungen/Genossenschaftsbanken im Vorwort des 48seitigen Untersuchungsberichts.
Es gehe vielen Mitarbeitern in den Volks- und Raiffeisenbanken nicht gut. Sie beschreiben einen stark gestiegenen Arbeitsdruck, der sich spürbar negativ auf die Arbeitsatmosphäre auswirkt. Besonders drastisch komme dies durch den Terminus „Terminvieh“ zum Ausdruck, den eine Bankmitarbeiterin zur Beschreibung der Situation verwandte. Eine Ursache für die zunehmende Belastung dürfte auch im Rückgang der Beschäftigten in den Genossenschaftsbanken liegen. 2017 sank deren Zahl um 3,1 Prozent.
„Der Druck hat auch Konsequenzen für die Qualität der Arbeit“, heißt es. Die Hälfte der Mitarbeiter schildert, dass sie häufig Abstriche an der Arbeitsqualität machen, um ihr Pensum zu bewältigen. „Dies ist ein alarmierender Befund. Die Qualität der Kundenbeziehungen sind ein Herausstellungsmerkmal der Genossenschaftsbanken. Diese sollten sie nicht aufs Spiel setzen. Genossenschaftliche Werte von Fairness und solidarischem Umgang miteinander müssen bewahrt und auch auf die eigenen Beschäftigten angewandt werden“, stellen die Gewerkschafter kritisch fest. Ein Chance könne ein Tarifreformvertrag sein. Es sei deswegen umso bedauerlicher, dass der AVR die Gespräche mit ver.di als der mitgliederstärksten Gewerkschaft im Bereich Genossenschaftsbanken über ein solches Reformwerk im November 2018 abgebrochen hat. Der AVR versuche umfangreiche Verschlechterungen für die Beschäftigten umzusetzen. Es stehe zu befürchten, dass sich die skizzierte Entwicklung fortsetzt und die Genobanken dadurch ihr eigenes Erfolgsmodell gefährden.
Insgesamt umfasste die Analyse 80 Fragen. Einige Antworten waren besonders entlarvend: Dazu gehört die, ob das Betriebsklima dem genossenschaftlichen Leitbild entspricht. „In geringem Maße“ kreuzten 56 Prozent der Befragten an und „gar nicht“ 13 Prozent. Eine solche Entwicklung unterminiere die Tätigkeit derjenigen, die sich bewusst für die Arbeit in einer genossenschaftlichen Bank entschieden haben. Für 38 Prozent der Befragten ist das genossenschaftliche Leitbild „sehr wichtig“, für 42 Prozent „eher wichtig“.
Außerdem wird das Entgeltgefüge innerhalb der Bank von den Befragten als wenig gerecht wahrgenommen. Diese Antworten wurden mit den Kommentaren „ungerechte und unterschiedliche Bezahlung bei gleicher Tätigkeit“ und „Zweiklassengesellschaft bei der Entlohnung“ garniert. Letzteres bezieht sich auch auf die Vorstandsvergütungen, die nichts mit der viel gepriesenen genossenschaftlichen Solidarität zu tun haben.
Martin Ehrlich schätzt ein: „In der Summe verdeutlichen die Befragungsergebnisse die Erosion eines traditionellen Arrangements von Angestelltenarbeit“. „Die genossenschaftlichen Werte sind in Gefahr. Früher galten die Genossenschaftsbanken als eine Art Refugium der Bankenwelt; doch das hat sich über die vergangenen Jahre geändert“, fasste Franziska Bruder vor wenigen Tagen bei einem Pressegespräch in Frankfurt am Main zusammen. ++ (gb/mgn/30.01.19 – 020)
www.genonachrichten.de, e-mail: mg@genonachrichten.de, Redaktion: Matthias Günkel (mgn), tel: 0176 / 26 00 60 27
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