Hamburg, 9./10. November 2018 (geno). Frohe Botschaften aus Italien und Russland haben auf der 13. Tagung zur Genossenschaftsgeschichte der Heinrich-Kaufmann-Stiftung Optimismus ausgelöst. Die am Sonnabend beendete zweitägige Zusammenkunft in Hamburg weckte neue Hoffnung auf innovative Impulse für das deutsche Genossenschaftswesen.
Einer der Überbringer guter Nachrichten war der italienische Genossenschaftsexperte, Publizist und Betriebswirtschaftler Oscar Kiesswetter aus Südtirol. Er schilderte das ausgesprochen progressive Vorgehen der italienischen Kooperativen im wirtschaftlichen, sozialen und kommunalen Sektor seines Landes. Zu den besonderen Novitäten gehören die „cooperative di comunita“, die neben der reinen Mitgliederförderung durch die Sozialgenossenschaften den für Italien typischen, zweiten Förderauftrag erfüllen, indem sie ihre Tätigkeit auch auf benachteiligte Personen im Umfeld der Genossenschaft ausrichten – unabhängig davon, ob sie zur Mitgliederbasis gehören oder nicht. Und noch darüber hinaus werde die ganze Gemeinschaft im örtlichen Umfeld des Unternehmens gefördert. Kiesswetter nennt das „eine ganz aktuelle Innovationswelle der italienischen Genossenschaftsbewegung“. „Dazu gehören im weitesten Sinne nicht nur alle Menschen, die das Territorium bevölkern, sondern auch förderungswürdige oder schutzbedürftige immaterielle Elemente wie die Nahversorgung, die Umwelt, der soziale Zusammenhalt, die Infrastruktur oder die nachhaltige Erschließung und Nutzung des Lebensraums,“ so Kiesswetter. Sein gerade erschienenes Buch „Genossenschaften – Made in Italy“ ist ein Erfolgsbericht und ein Füllhorn der genossenschaftlichen Kreativität auf der Apenninen-Halbinsel. Mit dieser Schrift werden Brücken geschlagen für einen fruchtbaren Austausch zwischen den Ländern.
Weitere, noch überraschendere Informationen vermittelte Armin Peter aus russischen Gefilden. Zunächst wies er auf den hochentwickelten kooperativen Sinn des russischen Nationaldichters Leo Tolstoi hin und unterstrich dies mit einem Zitat aus einem der Briefe des großen Poeten: „Die Gründung und Förderung von Konsumgenossenschaften ist die einzige soziale Tätigkeit, die sich einem moralischen Menschen, der kein Bedrücker seiner Nächsten sein will, in unserer Zeit ziemt“.
Desweiteren verwies Peter auf die kaum überschaubaren europaweiten Aktivitäten des Moskauer Genossenschaftswissenschaftlers Vahan Totomianz, der geradezu in alle Regionen Europas vernetzt war. Seinem kooperativen Enthusiasmus ist auch das Zustandekommen des ersten „Allrussischen Genossenschaftskongresses“ zu verdanken. Der aus Astrachan stammende Totomianz bereiste den gesamten Kontinent und dozierte allerorten über Kooperativen. Er starb schließlich in Paris und wurde auch dort begraben. ++ (hi/mgn/10.11.18 – 219)
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