Hamburg/Neuötting, 24. Oktober 2018 (geno). Die Genossenschaft Humanimity steht weiter unter Beobachtung. „Wenn Genossenschaften erfolgsabhängige Vergütungen zahlen, werden wir hellhörig. Solch ein provisionsgetriebenes Verkaufssystem im Gewand einer Genossenschaft haben wir in unserem Netzwerk Marktwächter noch nicht gesehen“, sagt Wolf Brandes von der hessischen Verbraucherzentrale Frankfurt am Main gegenüber der Wochenzeitung „Die Zeit“.
Der Spezialist für den grauen Kapitalmarkt zweifelt an der Geschäftsidee der Genossenschaft Humanimity. Er fällt sein Urteil, nachdem er einen Blick auf das Protokoll der ersten Generalversammlung der im ostbayrischen Neuötting ansässigen Kooperative geworfen hat. Ihm sind mehrere Fälle bekannt, in denen sich zweifelhafte Geschäfte als Genossenschaft tarnen. „Oft sind diese Angebote intransparent, vermischen eine Vielzahl von Geschäftsfeldern und verschleiern so, wie ihr Geschäftsfeld eigentlich aussieht“, so Brandes.
Humanimity macht das so: Die Genossenschaft verkauft nicht nur Schulungspakete, sondern will auch eine globale Online-Handelsplattform aufbauen sowie Großes mit Blockchain-Technologie erreichen – ohne detaillierte Angaben zu machen.“ Auch das Bonussystem wirke nicht Vertrauen erweckend. „Wenn es mehr als zehn Karrierestufen mit immer höheren Provisionen für angeworbene Kunden und Anleger gibt, ist das schon absurd“, so der Verbraucherschützer. „Um ganz oben anzukommen, müßte man ja eine Pyramide aus mehreren Tausend geworbenen Personen unter sich haben.“
Gründer und Visionär von Humanimity ist der Musik- und Ergotherapeut Boris Matern. Er nennt das Unternehmen einen „strukturellen Lösungsansatz der sozialen Marktwirtschaft in dem Haifischbecken, das momentan existiert und von der Effizienzmaximierung diktiert wird.“ Er habe sich berufen gefühlt, „in diese Märkte das Genossenschaftliche hineinzubringen“. Mehr als 150 Menschen hätten schon für diese „seine Familie“ mindestens 5.000-Euro-Anteile an der Genossenschaft gezeichnet.
Die Herde solcher „schwarzen Schafe“ wächst. Zu denen die eine Genossenschaft als Tarngeschäft betrieben haben, dürfte auch GenoGen zählen. Zu ihrem Programm gehörte der Umbau einer Eissporthalle in einen Funsportpark mit einer jährlichen Rendite von 54 Prozent. Des weiteren sollen ein Goldvorkommen in Nordserbien mit einer 160-Millionen-Euro-Ausbeute erschlossen und Wasserauftriebskraftwerke zur Stromproduktion errichtet werden. „Bande oder nicht Bande – diese Unterscheidung könnte am Ende im Genogen-Prozess beim Urteil eine Rolle spielen. Die Genogen war eine Genossenschaft, in die Privat-Anleger ihr Erspartes gesteckt haben. Die Organe der Genossenschaft sollen die Anleger um ihr Geld betrogen haben, so der Vorwurf. Ob sie als Bande gehandelt haben, wird die Große Strafkammer des Landgerichts entscheiden. Bis zum 3. Dezember 2018 sind weitere Verhandlungstage angesetzt.“ so die aktuelle Berichterstattung der Borkener Zeitung.
Es ist zu befürchten, dass die Masche unseriöser Geschäftemacherei unter dem Deckmantel „Genossenschaft“ immer beliebter wird, solange Kooperativen ein so guten Ruf genießen. Die Idee von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, der die Landbevölkerung vor gerissenen Händlern bewahren wollte, den christliche Werte prägten und der Geldgier ablehnte, wird so ins Gegenteil verkehrt. Diesem Trend den Kampf anzusagen, obliegt der Politik. Ob genossenschaftliche Prüfungsverbände Teil der Lösung oder des Problems sind, könnte dabei zu einer Schlüsselfrage werden.
igenos, die Interessengemeinschaft der Genossenschaftsmitglieder setzt auf den Förderzweck Audit:
a) die Mitglieder der Genossenschaft legen den Förderzweck gemeinsam in ihrer Satzung fest.
b) Der Vorstand ist dann für die Erfüllung des Förderzwecks verantwortlich.
c) Der Verband überprüft ob der Vorstand den Förderauftrag im Sinne der Genossenschaftsmitglieder erfüllt.
Zu den schwarze Schafen unter den Genossenschaften zählen auch ein Großteil unserer Genossenschaftsbanken, die schon gar nicht mehr daran denken den gesetzlichen Förderauftrag zu erfüllen. Auch hier besteht der berechtigte Verdacht, dass die Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft vorsätzlich missbraucht wird. Verbandsaussagen wie: “ …. Genossenschaftsbanken sind Kreditinstitute, die als Grundzweck regelmäßig die wirtschaftliche Förderung ihrer Mitglieder durch bankübliche Geschäfte anstreben,“ will igenos nicht gelten lassen. Der Gesetzgeber hat den Förderauftrag eindeutig anders definiert und die Überprüfung des genossenschaftlichen Förderzwecks an die genossenschaftlichen Prüfungsverbände übertragen, darum verfügen die Verbände auch über ein staatliches Prüfungsmonopol. ++ (er/mgn/24.10.18 – 209)
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