Caracas/Barquisimeto, 1. August 2018 (geno) Der in dieser Woche beendete dreitägige Kongress der von Hugo Chavez in Venezuela gegründeten Partei PSUV ist mehrheitlich zu der Erkenntnis gelangt, dass die kommunalen Selbstverwaltungen mehr Macht bekommen müssen. Nach den Worten von Vizepräsident Aristobulo Isturziz „soll der kommunale Staat aus diesem Kongress hervorgehen.“ Das wird als eine Säule des Lösungsmusters betrachtet, um die gegenwärtig schwere gesellschaftliche und wirtschaftliche Krise des Landes zu überwinden. Auf dem alle vier Jahre veranstalteten Parteitag ist die Einsicht gewachsen, dass die Regierenden den Bezug zur Realität verloren haben. So sei es auch zu der Entscheidung vor drei Jahren gekommen, die Steuergesetze zu ändern und Kooperativen mit kapitalistisch wirtschaftenden Unternehmen gleichzusetzen. Sie mussten obendrein noch 34 Prozent mehr Steuern bezahlen, obwohl sie solidarisch arbeiten und nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sind. Dadurch sehen Genossenschaften ihre Existenz bedroht.
Sogar die im Jahr 1967 gegründete und vorzüglich landesweit funktionierende Genossenschaft Cecosesola fühlte sich in Bedrängnis gebracht und organisierte einen Protestmarsch von rund 1.000 Mitgliedern aus fünf Bundesstaaten. Einer ihrer Protagonisten, Jorge Rath, äußerte sich kritisch zur derzeitigen Unternehmenslanschaft in Venezuela: „Es ist grundsätzlich darüber nachzudenken, welche Art des Kooperativismus gewollt ist und wie sie sich von kapitalistischen Unternehmen und Scheinkooperativen unterscheidet.“ Die Erfolgsergebnisse der aus der Not heraus an der Basis entstandenen Genossenschaft Cecosesola können sich sehen lassen. 500 Tonnen Gemüse werden von ihr wöchentlich produziert und vertrieben. Zu ihr gehören 1.300 Mitglieder – darunter 700 Genossenschaften – , die mit ihrer ganz eigenen kollektiven Unternehmensführung in jährlich 3.000 Versammlungen auf allen Ebenen zu praktischen Geschäftsentscheidungen kommen. Nach den Worten von Rath zeigt Cecosesola, wie Commons-Praxis aussieht oder aussehen könnte. Mit Theorien über Gemeinwirtschaft habe man nichts im Sinn. Sein Mitstreiter Gustavo Sales verweist auf einen weiteren wichtigen Aspekt: „Unabhängigkeit ist uns ganz wichtig. Deswegen nehmen wir auch keine staatlichen Subventionen. Wir versuchen mit eigenen Mitteln zu arbeiten und fangen deshalb stets klein an.“
Wenn solche realistischen Praktiken von der PSUV tatsächlich ins Programm genommen werden, könnte sich die Lage schnell bessern. Denn immerhin verfügt sie mit Staatspräsident Nicolas Maduro über eine erdrückende politische Mehrheit im Lande. Diese Partei regiert derzeit in 303 von 335 Gemeinden, in 19 von 23 Teilstaaten und stellt fast die gesamte verfassunggebende Versammlung. ++ (sv/mgn/01.08.18 – 150)
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