Comelio/Belluno, 6. Juli 2018 (geno). In den Dolomiten vollzieht sich ein merklicher Bevölkerungsschwund und eine schleichende Devastierung. Ganze Dienstleistungsbereiche und Infrastrukturen, die für eine gewisse Lebensqualität unerlässlich sind, drohen zu verschwinden. Gegen diesen Zerfall, der auch die kulturellen Eigenheiten der Region gefährdet, stemmen sich Genossenschaften. Zu ihnen zählt die Kooperative Lassu, zu deren Initiatoren die Architektin Daniela Zambelli gehört. Sie ist eine von zahlreichen jungen Berufstätigen – auch aus dem Ausland – , die die Ursprünglichkeit des Lebens im Comelicese-Tal aufrechterhalten oder revitalisieren wollen. Sie engagieren sich auch für den Erhalt der kulturellen Identität, die insbesondere durch die ladinische Sprache zum Ausdruck kommt. Ladino ist eine rätoromanische Sprache und der typische Dialekt, in dem sich die Bewohner der Siedlungen in dem Dolomiten verständigen. Dass die Genossenschaft Lassu im Museum „Algudnei“ ihren Sitz hat, ist somit geradezu programmatisch zu nennen. Denn dieser ladinische Name heißt in der Übersetzung „Etwas von uns“. Dieser Palazzo della Regola di Dosoledo fungiert nämlich als neues kulturelles Zentrum im Tal.
Wie im Comelicese-Tal haben auch andernorts im italienisch-österreichischen Grenzgebiet Genossenschaften das Heft des Handelns in die Hand genommen, um die Gemeinschaft der Sprachminderheiten und ihr kulturelles Selbstbewusstsein gegenüber der Mehrheitsbevölkerung zu stärken. In den Bergen zwischen Italien und Österreich gehören 40 Prozent der Bevölkerung einer historischen Sprachminderheit an. In den Provinzen Udine, Görz und dem Bundesland Kärnten lebt eine slowenische Minderheit. In den Provinzen Pardenone, Udine und Görz ist es die friaulische Minorität. Insgesamt sind es 800.000 Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von etwa zwei Millionen. Der Tatbestand, dass Sprachminderheiten und Genossenschaften einige soziale und kulturelle Gemeinsamkeiten haben, war der Ausgangspunkt für das italienisch-österreichische Programm Interreg IV unter der Bezeichnung ID Coop. In diesem Rahmen wurden von 2007 bis 2013 Studien erstellt, bei denen Daten zu den Bedürfnissen der betreffenden Bevölkerungsgruppen erhoben und Informationen über das bestehende Genossenschaftswesen gesammelt wurden. Daraus entstanden Vorschläge, ein Genossenschaftsmodell zu entwickeln, das im Dienste der Gesellschaft steht und auch wirtschaftliche Impulse aussendet. Die Federführung des Projekts lag in den Händen der Genossenschaft für soziale Innovation und Forschung (SOPHIA) und in der Person von Oskar Kiesewetter. Es erfasste in Italien die Provinzen Belluno, Bolzano, Udine und Gorizia sowie in Österreich die Distrikte Villach-Land, Klagenfurt-Land und Völkermarkt in Kärnten. ++ (ku/mgn/06.07.18 – 132)
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