+++update+++spätestens nach der Insolvenz der CONET eG verdiente dieser Beitrag ein kritische Überarbeitung. Es stellt sich auch die Frage welche Rolle der zuständige Prüfungsverband und die Aufsichtsbehörden gespielt haben. ++++
Als Aufhänger berichtet DIE ZEIT von einer eher zweifelhaften Werbeveranstaltung der humanimity Genossenschaft. Es geht offensichtlich darum Geld einzusammeln und mit dem Einsammeln von Geld wiederum Geld zu verdienen. Ein Konzept, das die Versicherungsvertreter dieser Welt täglich erfolgreich praktizieren. Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft ist jedenfalls freiwillig und es werden auch im Rahmen des Anwerbeprozesses keine Ängste aufgebaut, sondern nur möglicherweise falsche Renditeerwartungen.
Ja, es geht bei der Story also vordergründig um den Missbrauch der Rechtsform Genossenschaft durch böse „Bauernfänger Genossenschaften“, die mit betrügerischen Absichten und Provisionsmodellen Produkte verkaufen, die es entweder gar nicht gibt oder in der beschriebenen Form und Umfang möglicherweise niemals geben wird.
Zur Anschauung werden Fallbeispiel aus der jüngsten Vergangenheit wiederbelebt und untergemischt. Zum Beispiel der offensichtlich betrügerisch operierende Vorstand der Genossenschaft eventus eG. Dieser Vorstand hat im großen Stil vorsätzlich und systematisch Rentner um ihre Ersparnisse betrogen. Für die Prüfung war ein GdW-Regionalverband zuständig. Also ein Mitglied im Club der in der Oberliga spielenden genossenschaftlichen Spitzenverbände. Dieser Prüfungsverband wird mit keinem Wort erwähnt.
Das zweite Beispiel einer Betrügergenossenschaft, die GenoGen eG wurde dagegen durch den DEGP (Deutsch Europäischer Genossenschafts und Prüfungsverband) geprüft. Ein inzwischen bundesweit tätiger Genossenschaftsverband, der in der Nachwendezeit gegründet wurde, um ostdeutschen Genossenschaften ein Sprachrohr und eine Heimat zu verschaffen. Dieser Prüfungsverband wird im DIE ZEIT Beitrag öffentlich und genüsslich vorgeführt. Dem Genossenschaftsverband wird vorgeworfen, die Prüfung der GenoGen eG sei zu spät erfolgt. Das stimmt, tatsächlich wurde die Prüfung – vom Vorstand – immer wieder verschleppt, indem dieser die Unterlagen nicht termingerecht bereitgestellte. Die Genossenschaft war pleite – die Mitglieder wurden betrogen. Eine eventus eG eben in klein.
1 Kommentar.
Der Eindruck könnte entstehen, dass „Verbände“ in der Lage wären oder ob dies überhaupt erforderlich ist, Entwicklungen im Bereich des Genossenschaftssektors zugunsten der Teilhaber zu verändern. Wer die Botschaft „Reglementierung“ signalisiert, sollte wissen, dass – in der gesamten EU – neben Deutschland und Österreich – kein Land über „Pflicht-Prüfungsverbände“ verfügt. Dort kommen genossenschaftliche Entwicklungen dennoch gut voran, besser sogar als in Deutschland, wie Statistiken sehr deutlich zeigen. Wer im Sektor „Selbstorganisation“, wozu der Genossenschaftssektor zählt, nach mehr Staats oder Verbändehandlungen ruft, hat das Grundprinzip der Selbstorganisation noch nicht wirklich verstanden. Der Genossenschaftssektor braucht weder eine „Genossenschafts-Poliizei“, noch mehr staatliche oder verbandliche Regulierung., Was er jedoch benötigt, ist mehr Selbstverantwortung der potenziellen und bereits vorhandenen Teilhaber. Schon der Begriff „Mitglieder“ ist eigentlich irreführend, weil eher „entwertend“, für das, was (Wirtschafts-) Genossenschaft ausmacht: Menschen, die sich bewusst sind, dass „Teilhaber“ keine „Zuschauer“ sind, sondern Verantwortung für Ihr Handeln übernehmen sollten, um IHR Unternehmen, IHRE Genossenschaft mitzugestalten. Richtig ist, dass es jetzt mehr Aufklärung bedarf, kontraproduktiv und fast komisch wäre, Teilhaber quasi vor sich selbst zu „schützen“. Unstreitig ist, der Genossenschaftssektor ist im „Umbruch“, d.h. neue und bisher unbekannte Formen beginnen sich zu entwickeln. Das haben andere Sektoren ebenfalls erfahren. Teilhaber werden ihre eigenen „Interessen- oder Aufklärungsvereinigungen“ haben, ja haben müssen, denn das ist nicht die Aufgabe der Verbände, deren Mitglieder die Genossenschaften sind. Das eigentliche Thema jedoch, deutet sich bereits „zart“ an und spiegelt einen Teil der Probleme bereits wider: Wollen wir den Genossenschaftssektor wirklich aufwachsen lassen und zu einer echten „Kooperations-Option“ für Menschen entwickeln, die aus dem „Konkurrenz-Spiel“ aussteigen wollen, müssen wir auch anschauen, wie der Wachstum von Genossenschaften finanziert werden soll. Die Binsenweisheit, die leichtfertig verdrängt wird lautet dann: Wie soll der „Kapitalaufbau“ z.B. eines mittelständischen Unternehmens als Genossenschaft geschehen? Die Alternativen sind klar: Mit Eigenkapital oder mit Fremdkapital? Eine andere Form scheint es nicht zu geben. Versuchen Sie bitte einmal der Spur nachzugehen, wenn eine Genossenschaft mit einer Bank verhandelt, die „Sicherheiten“ oder „Bürgschaften“ fordert. Und wer sollte „bürgen“? Der Vorstand, dem die Genossenschaft nicht gehören kann? Es gibt viele Fragen, die bisher einfach – leichtfertig – verdrängt werden. Da scheint es einfacher zu sein, sich mit den „Ausreißern“ zu befassen und nach „Scheinlösungen“ zu suchen. Es geht eigentlich darum, sich jetzt das Thema „Kapitalisierung“ von aufwachsenden Genossenschaften wirklich sach- und fachgerecht anzusehen und Antworten dazu zu finden. Auch ein spezielles staatliches Förderprogramm für Genossenschafts-Finanzierungen könnte viel Sinn machen. Aber das Wichtigste ist wohl, dass Menschen nachvollziehen, dass eine „Teihaberschaft“ an einer Genossenschaft erst stattfinden sollte, wenn man sich dazu hat beraten lassen. Auch in diesem Sinne würden spezielle „Teilhaber-Interessen-Verbände“ wichtig sein, denn es wäre noch „irreführender“, wenn man „Mitglieder“ statt sie zu „Teilhabern“ werden zu lassen, sie als „Verbraucher“ definiert, um einen Status zu schützen, den es überhaupt nicht gibt. „Verbraucher“ sind Menschen, in einer Geschäftsbeziehung mit Anbietern stehen, sind also „Kunden“. Wer jedoch Genossenschafts-Teilhaberschaft“ auf „Kunden-Niveau“ reduziert, der könnte es in der Tat schaffen, die Entwicklung von Genossenschaften in Deutschland vollends „einzufrosten“. Es läuft irgendwie etwas durcheinander im „Raiffeisen-Land“. Aber wie bei allen Neuentwicklungen gilt auch hier der Grundsatz: Jeder Wandel hat seine Eigenheiten und nach und nach „sortiert“ sich Aufgeregtheit in Normalität, aber auf einer höheren Stufe. Nach 200 Jahren „Betulichkeit“, könnte sich jetzt eine Epoche „kooperativer Faszination“ entfalten. Daran mitzuwirken und mitzugestalten, bedarf es jetzt solcher Menschen, die ahnen und wissen, dass „Teilhaber“ von Genossenschaften, zugleich Mitgestalter der Genossenschaften sein müssen. Aber dazu bedarf es der Aus- und Wierbildung dieser Teilhaber. Auch das ist weniger Aufgabe der Genossenschafts- oder Prüfungsverbände. Dies ist Aufgabe von speziellen Interessenvereinigungen. Und wenn „Der Staat“ wirklich dazu einen Beitrag leisten wollte, könnte er z.B. mittels eines „Förderprogramm“ dazu diese „Qualifizierungen“ fördern. Es reicht wahrscheinlich nicht aus, dass Parteien sich gern als „Genossenschafts-Partner“ definieren. Sie haben jetzt die Chance, zu beweisen, dass sie wirklich „Selbstorganisation“ wollen und Genossenschaftsteilhaber nicht erst „Asylanträge“ stellen müssen, damit Geld für so etwas Sinnvolles zur Verfügung gestellt wird. Der Worte sind genug geredet, jetzt bedarf es der Taten. Wer will, dass Deutschland wieder führend in Europa in Sachen Genossenschaften wird, sollte jetzt damit beginnen. Nicht „Reglementierungen“ benötig es, sondern konstruktiver und wahrnehmbarer Beförderung einer wirklich guten Idee..