Bürgergenossenschaften durchkreuzen Bankfusionen

+++update 22.September 2023 +++ Wie lässt sich eine kleine Volks- oder Raiffeisenbank durch Beschluss der Mitglieder in eine Bürgergenossenschaft umwandeln? Bürger- und Energiegenossenschaften sind derzeit ein großes Thema, gleichzeitig werden bestehende Bankgenossenschaften reihenweise aufgelöst. Die GenoNachrichten legen hier eine umfangreiche Materialsammlung zum „Umbau“ von Bankgenossenschaften in Bürger- oder Energie Genossenschaften vor. Wobei die Genossenschaft und das Genossenschaftsvermögen vor Ort erhalten bleibt. Die OEKOGENO eG belegt, dass eine Genossenschaftsbank auch ohne Bankgeschäft weiter bestehen kann. Da sich das Oberste Bayrische Landesgericht derzeit mit der BVR (Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken) Fusionspolitik befasst, möchte  die Redaktion der  Genonachrichten auch auf die folgenden Archiv Beiträge:  „Fusionswelle Genobanken“  und  „Anleitung zum Bankraub“ hinweisen. Unser Beitrag aus 2018 ist immer noch aktuell+++update+++

A) Hintergrundinformationen: Warum Bürgergenossenschaften eine Alternative zur Fusion sind.

Die Fusionswelle der Genossenschaftsbanken geht uns alle an.( aktuelle Informationen hier) Woche für Woche kommen neue Verschmelzungspläne  an das Tageslicht. Die Muster sind immer die gleichen. Die Abwicklung ist automatisiert. Die Auswirkungen für die Genossenschaftsmitglieder auch. Mit jeder Verschmelzung wird eine Genossenschaft im Genossenschaftsregister gelöscht und das genossenschaftliche Vermögen verschoben.

Politik und Genossenschaftsverbände sind sich einig, dass der Genossenschafts – Gedanke in Zukunft insbesondere auch deshalb von großer Bedeutung ist, damit das bevorstehende Zeitalter der „Digitalisierung“ sich nicht gegen die Menschen wendet, sondern ihnen Nutzen bringt. Genau diese weltweit zu beobachtende Digitalisierung des Geldverkehrs ist eine Ursache warum viele Bankfilialen geschlossen  und kleinere Genossenschaftsbanken wegen angeblich mangelnder Rentabilität zur Fusion gezwungen werden.

Es entsteht schnell der Eindruck, dass eine zentral vorgegebene Verbandspolitik  deutlich mehr Gewicht hat, wie die Einhaltung genossenschaftlicher Grundprinzipien. Anscheinend wurde keinerlei Rücksicht auf das Genossenschaftsgesetz genommen, wobei die Rechtsform über dem Geschäftszweck stehen sollte. Glaubt der BVR wirklich, dass Genossenschaftsmitglieder – möglicherweise mangels qualifizierter Fähigkeiten – nicht über die Alternativen zu einer Verschmelzung informiert werden sollten? Reicht es aus den Mitgliedern vorgefertigte Beschlüssen zur Abstimmung vorzulegenden es darum geht „ihre“ Genossenschaft quasi „aufzulösen“ (Eine Verschmelzung bedeutet dies faktisch).

Ja es kommt noch schlimmer,  die Genossenschaftsmitglieder werden nicht über die möglichen  Alternativen zur Fusion aufgeklärt. Genossenschaftsvorstände schaffen mit Horrorszenarien und  Blankovollmachten Mehrheiten und Tatsachen.  Aus genossenschaftlicher Sicht scheint es alles andere als legitim zu sein, durch „Desinformation, Verschweigen und andere subtile Formen“ Geschäftsstrategien auf dem Rücken der Mitglieder auszutragen.  Ein Beispiel sind die Fonds für allgemeine Bankrisiken.  Auf diese Fonds hat die BVR Sicherungseinrichtung im Fall einer Bankenkrise direkten Zugriff.  Diese Fonds werden angelegt, ohne die Mitglieder über diese Gewinnkürzung  zu informieren und  sind nicht in der Satzung der Genossenschaft verankert. Warum sollen Genossenschaftsmitglieder bundesweit für die Spekulationsgeschäfte  der DZ Bank haften?  Zumindest die Genossenschaftsverbände sollten wissen, dass allein die Generalversammlung über die Gewinnverteilung entscheidet. Unter Genossen sollte es keine Geheimnisse geben.

Auch aus diesem Grund sollte der Gesetzgeber ernsthaft darüber nachdenken, ob die Form einer Genossenschaft wirklich (noch) die richtige Rechtsform für ein Bankgeschäfts ist. Oder wird die Rechtsform Genossenschaft hier missbräuchlich genutzt um die Genossenschaftsmitglieder vom Vermögen ihrer Genossenschaft auszuschließen.Sind Blankovollmachten oder Abstimmungen bis das Ergebnis passt wirklich mit dem Genossenschaftsgedanken vereinbar? Oder werden die Genossenschaftsmitglieder aber auch Vorstände und Aufsichtsräte vorsätzlich „dumm gehalten“? Der genossenschaftliche Förderauftrag ist nicht abstrakt, sondern in der Bundestagsdrucksache V 3500 genau definiert.

Der Gesetzgeber ist dringend aufgefordert, hier tätig zu werden. Die Frage muss gestellt werden, ob es nicht z.B. eines eigenen „Genossenschaftsgesetzes für Banken“ bedarf oder über die Rechtsform der genossenschaftlichen AG nachgedacht werden sollte. Auch die Rolle der „BaFin als Erfüllungsgehilfe“ der Verbände sollte einmal kritisch überprüft werden. Aus der Sicht von igenos handelt es sich hier um einen Verstoß gegen § 25 UmwG. Demzufolge  sind Vorstände und Aufsichtsräte noch 5 Jahre nach der Fusion für entstandene Vermögensschäden haftbar, auch wenn diese sich auf die Beratungsleistungen der Prüfungsverbände berufen!

Das Genossenschaftsrecht gilt derzeit für alle Formen von Genossenschaften. Damit geben die Genossenschaftsbanken quasi vor, was auch für andere Genossenschaftsformen Anwendung finden muss.

B) FAZIT Hintergrundinformationen

Unsere Recherchen der vergangen fünf Jahre belegen, dass nicht die Entscheidungen oder Interessen der Genossenschaften und deren Mitglieder im Vordergrund der Unternehmenspolitik stehen, sondern die Interessen der Verbände. Aber die „genossenschaftliche Umlagerung“  des Genossenschaftsvermögens kann durch eine Bürgergenossenschaft verhindert werden. Wie soll das funktionieren? 
+++update April 2023+++Weitere Infos hier.

C) Satzungsänderung durch die Generalversammlung
Immer wieder werden Fragen von mehr oder weniger hilflosen  Bankgenossen gestellt, dass die Verschmelzung „ihrer“ Bank droht oder gerade in Gang ist und dass sie sich in dieser Situation nicht nur recht hilflos fühlen, sondern auch nicht den Eindruck haben, der „Übermacht“ der Verbände gewachsen zu sein. Letzteres gilt auch für betroffene Mitarbeiter und Vorstände. Aber wem gehört eigentlich unsere Genossenschaftsbank?

Aus der Sicht von Verbandsstrategen mag es Sinn machen, erkannt zu haben, wie man das Genossenschaftsprinzip „Unteilbarer Fonds“ ganz legal nutzen kann, um zu einem „exponentiellen Vermögenszuwachs“ zu kommen. Wie nun aber die Genossenschaftspraxis auf die aktuelle Veröffentlichung von Volker Beuthien umgeht, wird sich zeigen.

Und schlussendlich müssen die Mitglieder wieder zum wirklichen Souverän über „ihre“ Genossenschaft werden, zumindest wenn es um „Sein oder Nichtsein“ „ihrer“ Genossenschaft geht.

Hier geht es darum, wirtschaftlich sinnvolle und tragfähige Alternativen zu einer Verschmelzung anzubieten.

Eine Antwort könnten Bürgergenossenschaften sein.

Das Konzept  „Bürgergenossenschaftkann:

  • Die auf der Grundidee von Raiffeisen aufbauende Genossenschaft und das Genossenschaftsvermögen vor Ort zu erhalten. Geändert wird lediglich der Geschäftszweck. Das Bankgeschäft wird, ähnlich wie bei einer Fusion, ausgegliedert, der vor Ort weitergeführt. So kann durch Mitgliederbeschluss aus einer Genossenschaft mit Bankgeschäft z.B. eine Wohnungs-, Energie-, oder eine Dorfgenossenschaft werden.     
  • Die heutigen Bankgenossenschaften haben in der Vergangenheit ein Millionenvermögen aufgebaut. Dieses Vermögen kann so  vor Ort erhalten bleiben, denn es entspricht in der Summe der nicht geleisteten Mitgliederförderung.
  • Das Bankgeschäft wird aus der Genossenschaft ausgegliedert. Die Bankgenossenschaft bekommt einen neuen Namen beteiligt sich an der aufnehmenden Bank  z.B. in der Form von Aktien. Eine Bankfiliale – ähnlich wie beim Modell Fusion bleibt vor Ort erhalten.
  • Ein aktuelle Beispiel finden wir im Landkreis Cochem-Zell. Hier wurden im Sommer 2023 die Raiffeisenbank Zeller Land eG und die Raiffeisenbank Moselkrampen mit der Raiffeisenbank MEHR eG verschmolzen. Das komplette Vermögen der aufgelösten Genossenschaften wird jetzt in Kaisersesch verwaltet. Es kann davon ausgegangen werden, dass die VR MEHR eG bis 2028 auch verschmolzen wird und sich das Genossenschaftsvermögen über Koblenz in Richtung Mainz entfernt.

Was wäre wenn? Zunächst wäre es Aufgabe einer Bürgergenossenschaft – die einen  ganzheitlichen Anspruch zur Entwicklung des jeweiligen Raumes (Kleinstadt, Gemeinde) erhebt – zu erkennen, dass ein „Weg-Verschmelzen“ der örtlichen Volksbank dazu führt, dass eine weitere Schwächung des betreffenden ländlichen Raumes eintritt!

Bürgergenossenschaften können ihr Einzugsgebiet  positiv entwickeln oder revitalisieren. Ein Beispiel, eine genossenschaftliche  Gaststätte, vielleicht mit integriertem Dorfladen. Der gemeinsame Einkauf oder die Produktion von Energie, Car- und Werkzeug Sharing,  das Angebot haushaltnaher Dienstleistungen,  der Bau von Seniorenwohnanlagen. Aber es  fängt auch mit kleinen Dingen an. Mit der Unterstützung bei der elektronischen Steuererklärung, der Seniorenbetreuung oder sinnvollen Beschäftigungsmaßnahmen von Geflüchteten.

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