Göttingen/Erfurt, 24. April 2018 (geno). Von den 2.718 ehemaligen Produktionsgenossenschaften des Handwerks (PGH) der DDR haben sich im Durchschnitt 80 Prozent für eine Umwandlung und gegen eine Liquidation ihres Betriebes entschieden. Eine Auflösung erfolgte vor allem aufgrund eines zum Zeitpunkt der Wende überalterten Mitgliederbestandes, wegen strukturellen Nachfrageveränderungen, einer schlechten Wirtschaftslage oder Unstimmigkeiten unter den Mitgliedern. Das geht aus einer Untersuchung des Seminars für Handwerkswesen der Universität Göttingen hervor. Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) wählten 80 Prozent der umwandlungswilligen Handwerksgenossenschaften. 16 Prozent bevorzugten eine eingetragene Genossenschaft (eG) und vier Prozent firmierten in sonstige Rechtsformen um. Beispielsweise sind aus den 222 im DDR-Bezirk Erfurt seinerzeit ansässigen PGH 134 GmbH hervorgegangen und 17 ließen sich als eG in das Genossenschaftsregister eintragen. 31 Handwerksgenossenschaften lösten sich auf.
Im Untersuchungszeitraum vom 19. März 1990 bis zum 1. Juli 1992 verringerte sich der Mitgliederbestand durchschnittlich um ein Drittel. In den zu einer eG gewandelten Betrieben war dieser Trend nicht so stark ausgeprägt. Die PGH repräsentierten vor der deutschen Wiedervereinigung 3,84 Prozent aller Beschäftigten und 3,2 Prozent aller Betriebe des DDR-Handwerks. Auf eine PGH entfielen im Durchschnitt 60 Mitarbeiter. Besonders stark waren die Branchen Bau und Dienstleistungen vertreten. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der ehemaligen PGH lag zum Zeitpunkt der Umfrage bei 78 Prozent, wobei 46 Prozent der befragten Genossenschaften sogar eine Quote von 100 Prozent angaben. Die Datenbasis für die Analyse bestand aus Fragebögen, die an 1.276 ehemalige PGH in den damaligen Handwerkskammerbezirken Chemnitz, Magdeburg, Frankfurt an der Oder, Potsdam und Leipzig versandt worden waren. Im Untersuchungszeitraum standen noch einige Handwerksgenossenschaftsbetriebe im Rechtsstreit mit ausgeschiedenen Mitgliedern, die ihre Ansprüche am Betriebskapital noch nicht erfüllt sahen.
Aus Archivquellen der Handwerkskammer Leipzig geht hervor, dass per 30. Juni 1989 im damaligen Kammerbezirk 377 Handwerksgenossenschaften mit 15.563 Beschäftigten existierten. Zudem gab es 78 Einkaufs- und Liefergenossenschaften (ELG) sowie PGH-Arbeitsgemeinschaften (APG). Dort waren 1.008 Mitarbeiter tätig. ++ (pg/mgn/24.04.18 – 082)
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