Münster/Santiago de Chile, 11. April 2018 (geno). „Die chilenischen Wohnungsgenossenschaften entsprechen in etwa einem Bausparsystem mit integriertem Bauträgergeschäft, wobei die Finanzierung über das Bankensystem erfolgt.“ So formuliert es Jose Miguel Simian in einem Arbeitspapier der Universität Münster über das in Europa kaum bekannte System der Wohnungsgenossenschaften in dem südamerikanischen Land. Es weise gewisse Ähnlichkeiten zu den Wohnungsgenossenschaften in Schweden auf.
Die Mitgliedschaft in einer Wohnungsgenossenschaft in Chile sieht die Zeichnung eines Kapitalanteils vor, der innerhalb von zwei bis vier Jahren einzuzahlen ist. Es handelt sich um ein Vorsparen für die eigenen vier Wände. Sobalb die Mitglieder ihre Geschäftsanteile entrichtet haben, beantragt die Genossenschaft staatliche Fördermittel. Nach deren Bewilligung und der Fertigstellung der Wohnungen wird das neue Heim als Eigentum an das Genossenschaftsmitglied übertragen. Die Genossenschaft vermittelt zudem ihren Mitgliedern die noch notwendige Kreditfinanzierung aus dem privaten Bankensektor. Sie selbst gewährt keine Darlehen.
Wohnungsgenossenschaften erlangten in Chile erst nach 1924 größere Bedeutung. Durch die Gründung der chilenischen Baukammer 1952 und den Erlass eines Genossenschaftsgesetzes 1960 gewinnt der Sektor größeres Gewicht. Im Jahr 1970 entwickelte die Gesellschaft Tecnicoop einen Genossenschaftstyp mit offener Mitgliederzahl. Für dieses Genossenschaftsmodell „Cooperativa abierta de Vivienda“ gab es zwischen 1970 und 1975 keine gesetzliche Grundlage. Gründer bedurften einer Sondergenehmigung des Wirtschaftsministeriums. 1994 gab es in Chile 15 Wohnungsgenossenschaften dieses Typs mit 60.000 Mitgliedern. 1997 bauten die drei größten chilenischen Wohnungsgenossenschaften fast 8.000 neue Wohnungen. Zwischen 1960 und 1985 wurden 15 Prozent des Wohnungsneubaus in Chile von Genossenschaften bewältigt. ++ (ch/mgn/11.04.18 – 072)
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