Berlin, 27. März 2018 (geno). Die Berliner Wohnungsgenossenschaft „Grüne Mitte“ Hellersdorf eG hat dem zuständigen Bezirksamt angeboten, einen Gedichttext des Lyrikers Eugen Gomringer an der Fassade eines ihrer Häuser gut sichtbar zu installieren. Wie die Wochenzeitung „Berliner Woche“ am Dienstag weiter mitteilt, soll das in Spanisch verfasste Gedicht „Avenidas“ künftig in der Gothaer Straße des Bezirkes Marzahn-Hellersdorf zu sehen und zu lesen sein. Seit dem Jahr 2011 schmückt es die Fassade der in Hellersdorf ansässigen Alice Salomon Hochschule, in der Pflegefachkräfte ausgebildet werden. Insbesondere die letzte Passage ist Gegenstand eines erbitterten, inzwischen bundesweit geführten Kunststreits geworden. Sie lautet: „Alleen und Blumen und Frauen und ein Bewunderer“.
Nach langer und leidenschaftlich geführter Debatte hatte das Hochschulparlament im Januar dieses Jahres beschlossen, das Gedicht bei einer Fassadenrenovierung im Herbst zu übermalen. Künftig soll alle fünf Jahre das Werk eines Poetik-Preisträgers auf die Wand kommen. Die Zeilen Gomringers, der selbst auch Träger des Alice-Salomon-Poetikpreises ist, waren vor zwei Jahren ins Zwielicht geraten. Studentenvertreter hatten die Verse in einem offenen Brief als frauen-feindlich kritisiert.
Die Prorektorin der Hochschule, Bettina Völter, verteidigte die Entscheidung des Parlaments. Dennoch seien Fehler begangen worden. So sei der Dichter Gomringer erst spät über die Diskussion unterrichtet worden. „Eigentlich ist nichts Schlimmes passiert, außer dass sich Wissenschaft und Kunst reiben“, so Völter. Die Sprecherin der Studentenvertretung empfindet das Gedicht „auf Frauenebene“ als schön. Unausgesprochen schwinge aber die Haltung mit, dass der Bewunderer Subjekt, die Frau jedoch Objekt sei. „Da hat sich bei mir sofort der Magen zusammengezogen“, erklärte sie auf einer Podiumsdiskussion.
Der Deutsche Kulturrat und die Schriftstellervereinigung PEN haben angesichts der geplanten Übermalung vor Zensur gewarnt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters sprach von „Kulturbarbarei“. In der Podiumsdiskussion machten die Hochschulvertreter die Medien für die Eskalation des Streits verantwortlich. ++ (ks/mgn/27.03.18 – 062)
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Anmerkung: Team Genonachrichten. Genossenschaftssoziologie. Chemnitz, 28. April 2017 (geno). Der Begriff “Genosse” ist geschlechtsneutral und bedarf keiner feminisierten Alternative. Diese etwas lockere Feststellung traf Prof. Jürgen Keßler von der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTK) am Freitag gegen Ende eines Symposiums an der Chemnitzer Technischen Universität (TU), in dessen Mittelpunkt die Partizipation in Genossenschaften stand. Einleitend hatte der Berliner Hochschullehrer und Jurist generelle Aussagen zum Genossenschaftswesen getroffen.
Das ist aber noch gar nicht. Im Genossenschaftsgesetz wurde der Begriff „Genossen“ durch Mitglieder ersetzt. Wie aber ist der Begriff Mitglieder jetzt mit der aktuellen „Gender“ Diskussion zu vereinbaren ?