Emsland, 9. Februar 2018 (geno). Ein bis heute einmaliges Projekt für Flüchtlinge brachte die Samtgemeinde Sögel nahe der Grenze zu den Niederlanden zustande. Bürger gründeten eine Genossenschaft und bauten 23 Wohnungen, damit die Entwurzelten nicht in Containern leben mussten. Die Entscheidung dazu fiel im Jahr 2015, als die Flüchtlingswelle ihren Kulminationspunkt in Deutschland erreichte. „Uns war klar, dass die Gebäude an zentraler Stelle in Sögel und nicht in den kleineren Nachbargemeinden entstehen müssen. Die Flüchtlinge sind ohne Auto, sie müssen Schulen und Kindergärten, Ärzte, Läden gut zu Fuß erreichen können“, erläuterte Bürgermeisterin Irmgard Welling gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ), die am Freitag über das Projekt berichtet. Das Gemeindeoberhaupt ist gleichzeitig eine von zwei ehrenamtlichen Vorständen der Genossenschaft. Das Vorhaben sei nur gelungen, weil die Bauplätze von der Kommune zur Verfügung gestellt worden sind. Außerdem habe man zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit dem Bau begonnen, als die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung noch besonders groß war.
Für die „Willkommen in Sögel eG – Bürgergenossenschaft für Menschen in Not“ konnten und können Anteile von je 100 Euro erworben werden. Innerhalb weniger Monate sind so 1,4 Millionen Euro von 250 Bürgern zusammen gekommen. Das ist mehr als der erwartete Betrag von einer Million Euro. Motiv war der Wunsch zu helfen, nicht die vage Aussicht auf die Zinsen für die Genossenschaftsanteile, für die eine Kündigungsfrist von fünf Jahren besteht. So ist es auch in der Präambel der Genossenschaftssatzung zu lesen: „Wir wollen den Menschen, die vor gewaltsamen Konflikten fliehen, auf der Flucht ihr Leben riskiert haben und es oft nur durch Glück bis an unsere Grenzen geschafft haben, zeigen, dass sie bei uns willkommen sind…“ Bei der Vorstellung der Pläne waren 400 Menschen zu der Bürgerversammlung gekommen. Welling nennt weitere Umstände, die den Erfolg begleiteten. In Sögel seien die Einwohner an Zugezogene gewöhnt. Dazu zählen lange stationierte US-Soldaten, Tausende Aussiedler in den 90er Jahren sowie Polen und Rumänen, die heute in der Fleischindustrie der Region arbeiten. Im Übrigen sollen die Wohnungen auch denjenigen offen stehen, die angesichts auch auf dem Lande steigender Mietpreise erschwinglichen Wohnraum suchen. Das Quartier besteht aus vier Genossenschaftsgebäuden. Eines davon wurde für 2,8 Millionen Euro gekauft und drei Gebäude wurden neugebaut. Jetzt wohnen dort 83 Syrer, Afghanen und Iraker sowie acht Deutsche. Die Kaltmiete liegt zwischen fünf und sechs Euro pro Quadratmeter. Nach den Worten von Welling gibt es auf diese Weise erstmals in Sögel sozialen Wohnungsbau. Zusätzlich ist ein besonderes Angebot für Pflegebedürftige entstanden. In dem zuletzt fertiggestellten Neubau bietet das Deutsche Rote Kreuz (DRK) im Erdgeschoss 16 Tagespflegeplätze an. ++ (in/mgn/09.02.18 – 030)
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