Wien, 6. Februar 2018 (geno). Bis Anfang nächster Woche muss die im April 2014 gegründete Genossenschaft für Gemeinwohl (GfG) die Antworten auf einen 227 Fragen umfassenden Katalog bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA) einreichen. Erst nach dem fristgemäßen Eingang dieser „Nachbesserungen“ wird der von der Genossenschaft im September vorigen Jahres bei der Behörde gestellte Lizenzantrag zur Errichtung einer Bank weiter bearbeitet. Das teilte die GfG zu Beginn dieses Monats mit. Um dem gerecht zu werden, hatte das in seiner Art völlig neue strukturierte Institut seinen basisdemokratischen Regeln entsprechend im Januar zu einer außerordentlichen Generalversammlung die Genossenschaftmitglieder aus Österreich, Deutschland und der Schweiz nach Wien eingeladen. Dort wurde auch über Geschäftsvarianten diskutiert, falls die österreichische Finanzmarktaufsicht die Lizenzerteilung weiter verzögert oder die Geschäftserlaubnis ganz verweigert. Als eine der realistischen Möglichkeiten sehen Aufsichtsrat und Vorstand der Genossenschaft die strategische Zusammenarbeit mit der GLS Gemeinschaftsbank eG in Bochum, die als größte ethische und sozial-ökologische Bank Deutschlands gilt. Sie hat eine deutsche Vollbanklizenz und könnte eine Niederlassung in Österreich zusammen mit einer künftigen „Bank für Gemeinwohl“ in Österreich betreiben. Über Einzelheiten einer solchen Kooperation hatte GLS-Vorstand Dirk Kannacher auf der Generalversammlung informiert, zu der er eingeladen worden war. Die Zusammenkunft war nach den Worten von GfG-Vorstand Fritz Fessler eine machtvolle Demonstration der Zivilgesellschaft. „So viele Menschen, denen unsere Vision am Herzen liegt, erzeugen Gemeinschaftsgefühl und Energie.“
Kernabsicht der GfG ist die Schaffung eines Gemeinwohl-Kontos für jedermann. Das Geschäftsmodell ist einfach und risikoarm. Entsprechend ist der Lizenzantrag ausgerichtet, der keine Kreditvergaben vorsieht, sondern ausschließlich auf die Etablierung von Konten für den täglichen Zahlungsverkehr von Geschäfts- und Privatkunden abzielt. Inzwischen hat das Modell einen solchen Anklang in den drei Staaten Österreich, Deutschland und Schweiz gefunden, sodass bislang mehr als 6.000 Genossenschaftsmitglieder Anteile gezeichnet haben. Ihre Einlagen belaufen sich auf rund vier Millionen Euro.
Die Idee, eine „Bank des Vertrauens“ zu entwickeln, hat ihren Ursprung in der Finanz- und Bankenkrise vor zehn Jahren. Damals hatte der Chef der Deutschen Bank, Josef Ackermann, die Einrichtung einer „Bad Bank“ vorgeschlagen. Um dem zu begegnen, legten die GfG-Initiatoren 2010 ein Projektpapier „Demokratische Bank“ vor. Auf ihm basieren die GfG und deren Pläne, eine Gemeinwohl-Bank zu gründen. ++ (fi/mgn/06.02.18 – 027)
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