Vicenza/Rom, 20. März (geno). Die genossenschaftliche Bank Banca Popolare di Vicenza meldete zum Wochenende, dass sie beim Wirtschaftsministerium in Rom, bei der italienischen Notenbank und der Europäischen Zentralbank (EZB) Staatshilfen beantragt. Damit folgt sie dem Trend in Italiens genossenschaftlichen Bankensektor und der Absicht der italienischen Regierung, sich – ähnlich dem Beispiel von Monte dei Paschi – durch eine vorsorgliche Rekapitalisierung profitieren zu können und der Krise zu entrinnen. Das Vorgehen basiert auf dem Erlaubnis-Mechanismus für Euro-Staaten, Steuergeld auf Banken zu übertragen, ohne gegen die Regeln zu vertoßen, die Staatshilfen eigentlich verbieten.
Die Banca Popolare di Vicenza entwuchs einer Provinzbank und wurde zum siebtgrößten Kreditinstitut Italiens. Vor zehn Jahren kaufte sie 61 Filialen in der Lombardei für 488 Millionen Euro. Diese Spitzenzeiten sind vorbei. Die Bank wird selbst fusioniert und ihr Chef Francesco Iario macht aus der Genossenschaftsbank eine Aktiengesellschaft. Er folgt damit einem generellen Trend auf der Apenninen-Halbinsel. Dafür kämpft sogar ein Verband unter der Bezeichnung „Futuro 150“, der gegen die inneren Beharrungskräfte auftritt. Die Genossenschaftsbank löst sich auf, wird zum börsennotierten Finanzkonzern. Inzwischen ist sie mit einer weiteren Genossenschaftsbank fusioniert. Im Dezember 2016 fand die Vereinigung statt und das neue Institut ist mit einer Bilanzsumme von 171 Milliarden Euro und 25.000 Mitarbeitern Italiens drittgrößtes Finanzinstitut. 2.500 Filialen und vier Millionen Kunden vor allem in Norditalien – Lombardei, Piemont und Venetien – gehören dazu. Ab dem Jahr 2018 soll der Zusammenschluss 365 Millionen Euro jährlich einbringen.
Mit der Mutation der Banca Popolare di Vicenza mit ihren einst 119.000 genossenschaftlichen Anteilseignern als eine der größten Genossenschaftsbanken in eine Aktiengesellschaft gehen substanzielle Genossenschaftsprinzipien verloren. So weicht das Kopfstimmrecht dem Stimmrecht des Kapitaleinsatzes. Idee und Status einer Genossenschaft verschwinden – im Gegensatz zu den 1.048 deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. In Deutschland gibt es nur eine Genossenschaftsbank, die sich in eine Aktiengesellschaft gewandelt hat. Es handelt sich um die Vereinigte Volksbank Böblingen.
Von dieser Entwicklung wäre der Begründer des genossenschaftlichen Bankensystems in Italien gewiss tief enttäuscht. Er heißt Luigi Luzzatti (1841 – 1927), war Volkswirtschaftler und sogar Premierminister seines Landes. Er lernte die Ideen von Hermann-Schulze-Delitzsch während seiner Berliner Studienzeit kennen und stand mit dem deutschen Genossenschaftspionier in engem Briefkontakt. So entstand im Jahr 1864 die erste italienische Volksbank. ++ (fi/mgn/20.03.17 – 056)
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