Erstes deutsches Eigengewächs: Genossenschaftsidee und -praxis im UNESCO-Repräsentativregister „Immaterielles Weltkulturerbe“

Addis Abeba, 30. November/1. Dezember2016 (geno). Auf einer Sitzung des zuständigen Zwischenstaatlichen Ausschusses der UNESCO wurde die Idee und die Praxis der Genossenschaften als deutscher Vorschlag in die Repräsentative Liste des immateriellen Weltkulturerbes in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba am Mittwoch aufgenommen. Die umfangreiche und zuweilen mühselige Vorarbeit für dieses erstes Eigengewächs aus Deutschland leisteten die in der nordsächsischen Stadt Delitzsch ansässige Hermann-Schulze-Delitzsch Gesellschaft und die Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft, die in Flammersfeld (Rheinland-Pfalz) beheimatet ist. Die Namensgeber dieser beiden Vereinigungen gelten als die hervorragenden Gestalten und Pioniere der Genossenschaftbewegung zu Beginn der Industriegesellschaft in Deutschland.

In Delitzsch ist vor genau 167 Jahren – am 1. Dezember 1849 – eine Schuhmacher-Assoziation gegründet worden. Diese erste gewerbliche Genossenschaft, in der 57 Handwerker sich zusammenschlossen, um im Dreiklang Selbsthilfe-Selbstverwaltung-Selbstverantwortung wirtschaftlich zu überleben, war weltweit die erste ihrer Art. Der Jurist und Reichstagsabgeordnete Hermann Schulze-Delitzsch hatte die Impulse für die Gründung gegeben und später zahlreiche theoretische und  praktische Beiträge zur Stärkung der Genossenschaftsidee geleistet.

Auch in  vorindustriellen Gesellschaften gab es auf deutschem Territorium bereits Genossenschaften. So schmiedeten bereits im Mittelalter Bauern genossenschaftliche Bündnisse, um gemeinsam ihre Interessen gegenüber Feudalfürsten zu vertreten. Aus dieser Zeit stammen sogenannte altrechtliche Waldgenossenschaften, die bis heute vor allem in Thüringen und Bayern existieren. Ein solcher Zusammenschluss begeht im südthüringischen Meiningen in diesem Jahr unter dem Motto „Älter als die Reformation“ das Jubiläum seines 500jährigen Bestehens.

Nach Informationen der Hemann-Schulze-Delitzsch-Gesellschaft gibt es in Deutschland 8.000 sogenannte eingetragene Genossenschaften mit rund 21 Millionen Mitgliedern. Besonders stark vertreten ist dieses Wirtschafts- und Sozialmodell in den Bereichen Kredt, Dienstleistungen, Wohnungswirtschaft und Landwirtschaft. ++

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