Berlin, 8. Januar 2015 (geno). Eine schneebedeckte Baustelle zeigt seit Freitag die Bilder des Tages auf der Homepage der Berliner Genossenschaft für urbane Kreativität eG. „Hier entsteht die neue Veranstaltungshalle, eine Kita, eine multimediale Produktionshalle und ein Restaurant“ heißt die Bildunterschrift. Die Fotos beweisen, dass das von vielen Seiten als spinnert und utopisch eingestuften Projekt zwischen Holzmarktstraße und Spreeufer materielle Gewalt ergriffen hat. Die Zeugnisse vom frostigen Baubeginn zeigen viel Beton und konservative Bautechnik in der Baugrube. Von der eigentlich vorgesehenen absoluten Dominanz des Baustoffs Holz, aus dem mehrstöckige Gebäude wachsen sollen, ist noch nichts zu sehen. Geplant sind sogar fünf hölzerne Türme mit einer maximalen Höhe von 43 Metern. Damit dürfte das Fundament aus schnödem Beton zu erklären sein, denn eine Bodenplatte aus pflanzlichem Werkstoff ist in Wassernähe stark verrottungsgefährdet. Blickfang des bereits im Vorfeld äußerst kontrovers diskutierten Vorhabens wird ein „Eckwerk“, dessen Bau in diesem Jahr beginnt und nach Fertiggstellung als Gründerzentrum für junge Firmen fungieren soll. Sein geistiger Vater, Andreas Steinhauser, wird mit den Worten zitiert, dass man etwas wolle, was auf den ersten Blick als unmöglich gilt zu realisieren. Arbeiten und Wohnen in einem Haus beispielsweise. Die Rede ist von 400 studentischen Wohnungen. Ziel sei nicht Rendite, sondern es soll von den kreativsten Köpfen über Fragen der Zeit getüftelt werden. „Wir haben, im Gegensatz zu vielen Menschen, keine Angst vor der Zukunft.“ In dem Komplex, der die niedrigsten Gewerbemieten Berlins verspricht, ist der Eigenanbau und die Eigenherstellung von Lebensmitteln geplant, die dann in der Kantine und in dem Restaurent verarbeitet und verzehrt werden.
Dem Optimismus der Genossen, zu denen auch Politprominenz wie der Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner gehört, stehen auch kritische und nachdenkliche Stimmen gegenüber. Ein Kommentar lautet: „Wer sich für das Genossenschaftsmodell der Macher am Holzmarkt interessiert und nach Einzelheiten fragt, bekommt keine Auskunft. So ist völlig unklar, wer bisher Anteile gezeichnet hat und eventuell die Genossenschaft beherrscht. Auch ist unklar, wer als Genosse von Aufträgen profitiert und vermutlich seinen Einsatz längst wieder raus hat. Einen Geschäftsplan mit Finanzierungsmodell will man auch nicht offenlegen. Das ganze macht jedenfalls keinen seriösen Eindruck. Aber mal sehen, ob Banken auch ohne Eigenkapital finanzieren.“ Innovative oder alternative Geldbeschaffung für das Vorhaben, das auf 60 Millionen Euro beziffert wird, scheinen also nicht vorgesehen zu sein. Zumindest sind sie nicht bekannt. ++ (st/mgn/08.01.16 – 005)
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